Die Phlegräischen Felder (italienisch Campi Flegrei) sind eines der faszinierendsten und zugleich gefährlichsten Naturphänomene Europas. Sie liegen westlich von Neapel in Italien und gehören zu den aktivsten vulkanischen Regionen der Erde. Unter der idyllischen Landschaft aus grünen Hügeln, Kratern und Thermalquellen brodelt ein gewaltiges System aus Magmakammern, das jederzeit zum Erwachen fähig ist. Wissenschaftler beobachten die Phlegräischen Felder seit Jahrzehnten mit Sorge – denn ein Ausbruch könnte verheerende Folgen haben.
Die Region verbindet atemberaubende Schönheit mit latentem Schrecken. Zwischen römischen Ruinen, malerischen Küstenorten und heißen Quellen verbirgt sich die Macht eines Supervulkans, der in der Vergangenheit ganze Zivilisationen beeinflusste und auch heute noch als schlafender Riese gilt.
Die geologische Entstehung der Phlegräischen Felder
Die Phlegräischen Felder entstanden vor rund 40.000 Jahren durch gewaltige Vulkanausbrüche. Einer dieser Ausbrüche gilt als einer der stärksten der letzten 200.000 Jahre und hinterließ eine riesige Caldera – eine eingestürzte Vulkanschüssel –, die sich heute unter weiten Teilen des Golfs von Neapel erstreckt.
Die Region besteht aus mehr als 20 erkennbaren Kratern, Fumarolen und Thermalquellen. Bekannte Krater wie der Solfatara, der Monte Nuovo und die Pisciarelli-Fumarolen zeugen noch heute von der ungebrochenen vulkanischen Aktivität. Die vulkanischen Gase, die dort entweichen, sind sichtbare Beweise für den Druck, der im Erdinneren herrscht.
Unter den Phlegräischen Feldern liegt ein riesiger Magmavorrat, der durch die Bewegungen der afrikanischen und eurasischen Erdplatten gespeist wird. Die ständige Hebung und Senkung des Bodens – das sogenannte Bradyseismos – ist eines der markantesten Zeichen der Aktivität.
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Der Supervulkan unter Italien
Wissenschaftler bezeichnen die Phlegräischen Felder als Supervulkan, weil sie potenziell Ausbrüche von globalem Ausmaß verursachen könnten. Ein solcher Ausbruch würde nicht nur die Region um Neapel zerstören, sondern auch das Weltklima beeinflussen.
Die Explosion vor etwa 39.000 Jahren setzte so viel Asche frei, dass sie den Himmel über Europa verdunkelte und vermutlich zu einem kurzfristigen Temperatursturz führte. Einige Forscher vermuten sogar, dass dieses Ereignis das Überleben früher Menschengruppen in Europa beeinflusste.
Im Gegensatz zum Vesuv, der als klassischer Schichtvulkan klar definiert ist, besteht der Supervulkan der Phlegräischen Felder aus einem komplexen Netzwerk von Kratern, hydrothermalen Zonen und magmatischen Kammern. Diese Struktur macht ihn unberechenbar und schwer zu überwachen.
Aktuelle vulkanische Aktivität in den Phlegräischen Feldern
In den letzten Jahren hat die Aktivität in den Phlegräischen Feldern deutlich zugenommen. Forscher registrieren regelmäßig Bodenhebungen, Gasemissionen und leichte Erdbeben. Besonders in den Gebieten von Pozzuoli und Solfatara sind deutliche geothermische Veränderungen messbar.
Die italienische Zivilschutzbehörde hat die Alarmstufe 2023 auf „gelb“ erhöht – das bedeutet, dass das Gebiet unter intensiver Beobachtung steht. Tausende Sensoren messen kontinuierlich Temperatur, Druck und chemische Zusammensetzung der austretenden Gase.
Die jüngsten Erdbebenschwärme im Jahr 2024 ließen erneut die Frage aufkommen, ob ein Ausbruch bevorstehen könnte. Doch Experten betonen, dass erhöhte Aktivität nicht automatisch eine Eruption bedeutet. Vielmehr handelt es sich um einen natürlichen Zyklus des Bradyseismos, bei dem sich der Boden langsam hebt und senkt.
Die Phlegräischen Felder und die Stadt Neapel
Neapel liegt nur wenige Kilometer von der Caldera der Phlegräischen Felder entfernt. Rund 1,5 Millionen Menschen leben in der Gefahrenzone. Ein großer Ausbruch hätte daher katastrophale Folgen – nicht nur für Italien, sondern für ganz Europa.
Das Szenario eines erneuten Superausbruchs ist extrem selten, doch selbst kleinere Eruptionen könnten verheerend sein. Aschefall, Giftgase und pyroklastische Ströme würden sich rasch über dicht besiedelte Gebiete ausbreiten.
Die Behörden haben Notfallpläne ausgearbeitet, um im Ernstfall Evakuierungen zu koordinieren. Dennoch bleibt die Herausforderung enorm, da die Region hoch urbanisiert ist. Viele Einwohner leben buchstäblich auf einer tickenden Zeitbombe – und sind sich dessen kaum bewusst.
Solfatara: Das Herz der Phlegräischen Felder
Der bekannteste Krater der Phlegräischen Felder ist die Solfatara von Pozzuoli. Seit der Antike ist sie ein Ort des Staunens – und des Schreckens. Schon die Römer nutzten die heißen Dämpfe für Heilbäder und betrachteten den Ort als Eingang zur Unterwelt.
Heute strömen dort Schwefeldämpfe und Wasserdampf aus zahlreichen Fumarolen. Der Boden ist warm, manchmal glühend heiß. Messungen zeigen, dass sich die chemische Zusammensetzung der Gase in den letzten Jahren verändert hat – ein Hinweis auf steigende Aktivität im Untergrund.
Besucher dürfen die Solfatara seit einem tragischen Unfall im Jahr 2017 nicht mehr betreten. Damals stürzten drei Touristen in eine heiße Grube, nachdem der Boden unter ihnen eingebrochen war. Das Ereignis verdeutlichte, wie gefährlich die Phlegräischen Felder trotz ihres friedlichen Aussehens sein können.
Historische Ausbrüche der Phlegräischen Felder
In der Geschichte der Phlegräischen Felder gab es mehrere bedeutende Ausbrüche. Der letzte größere ereignete sich im Jahr 1538, als sich der Krater Monte Nuovo bildete. Innerhalb weniger Tage hob sich der Boden, Gesteinsschichten brachen auf, und eine neue Bergform entstand.
Dieser Ausbruch war zwar relativ klein im Vergleich zu den prähistorischen Explosionen, doch er zeigte, dass die vulkanische Energie in der Region keineswegs erloschen ist. Seither blieb es ruhig – aber die Natur der Phlegräischen Felder lässt keine langfristige Entwarnung zu.
Die Menschen, die in Pozzuoli und Bacoli leben, haben gelernt, mit dieser Unsicherheit zu leben. Viele betrachten den Vulkan als Teil ihrer Identität und Geschichte.

Die wissenschaftliche Überwachung der Phlegräischen Felder
Das Osservatorio Vesuviano in Neapel gehört zu den ältesten Vulkanforschungszentren der Welt. Es überwacht sowohl den Vesuv als auch die Phlegräischen Felder. Mit modernster Technologie wie GPS-Messungen, Infraschall und Satellitenbildern versuchen Wissenschaftler, jede Veränderung im Boden oder in der Gaszusammensetzung zu erfassen.
Internationale Forschungsteams arbeiten zusammen, um das Verhalten des Supervulkans besser zu verstehen. Besonders spannend sind Bohrprojekte, bei denen Gesteinsproben aus mehreren hundert Metern Tiefe entnommen werden, um Temperatur- und Druckverhältnisse im Untergrund zu analysieren.
Ziel ist es, Frühwarnsysteme zu verbessern und Szenarien zu entwickeln, die im Falle eines Ausbruchs Leben retten könnten.
Mythologie und Geschichte der Phlegräischen Felder
Schon in der Antike galten die Phlegräischen Felder als Ort der Mythen. Die Griechen glaubten, hier sei der Eingang zum Hades, der Unterwelt. Der Name „Phlegraios“ bedeutet „brennend“ – ein Hinweis auf die ständige Rauchentwicklung aus der Erde.
Der Dichter Vergil beschrieb in seiner Aeneis, wie der Held Aeneas in dieser Gegend den Weg in die Unterwelt findet. Auch die Römer errichteten hier Tempel, Thermen und Villen, fasziniert von der geothermischen Kraft der Erde.
In der Nähe liegt die antike Stadt Cumae, in der die berühmte Sibylle, eine Priesterin des Apollo, ihre Prophezeiungen verkündete. Noch heute zeugen zahlreiche archäologische Stätten von der reichen Geschichte dieser Region.
Die Phlegräischen Felder als Natur- und Tourismusziel
Trotz der Gefahren sind die Phlegräischen Felder ein beliebtes Reiseziel. Besucher können die eindrucksvolle Landschaft erkunden, Thermalquellen besuchen oder die römischen Ruinen von Baiae und Cumae besichtigen.
Viele Touristen sind überrascht, wie friedlich und grün die Region wirkt. Weinberge, Olivenhaine und kleine Fischerdörfer prägen das Bild – ein scheinbarer Kontrast zu den geologischen Kräften, die unter der Oberfläche lauern.
Der Geotourismus hat in den letzten Jahren zugenommen. Führungen durch sichere Bereiche, wissenschaftliche Ausstellungen und Thermalbäder ermöglichen es, das Naturphänomen auf sichere Weise zu erleben und gleichzeitig das Bewusstsein für vulkanische Risiken zu schärfen.
Gefahrenszenarien: Was passiert bei einem Ausbruch?
Ein zukünftiger Ausbruch der Phlegräischen Felder könnte in verschiedenen Formen auftreten – von leichten phreatischen Explosionen (Dampfexplosionen) bis hin zu einem katastrophalen Magmaausbruch.
Ein großes Szenario würde enorme Aschewolken freisetzen, die den Flugverkehr lahmlegen und die Sonneneinstrahlung reduzieren könnten. Pyroklastische Ströme – glühend heiße Gas- und Aschewolken – könnten mit bis zu 200 km/h über das Land fegen und alles zerstören.
Solch ein Ereignis hätte auch globale Auswirkungen auf Klima und Landwirtschaft. Die letzte vergleichbare Eruption in der Erdgeschichte, der Toba-Ausbruch in Indonesien, führte zu einer „vulkanischen Winterperiode“.
Deshalb arbeiten Forscher intensiv daran, die Frühwarnsysteme zu verfeinern, um im Ernstfall rechtzeitig Evakuierungen einzuleiten.
Leben mit dem Risiko – Die Menschen der Region
Trotz der Risiken leben Hunderttausende Menschen in unmittelbarer Nähe der Phlegräischen Felder. Viele von ihnen betrachten die vulkanische Aktivität als natürlichen Teil ihres Alltags.
In Orten wie Pozzuoli, Bacoli und Monte di Procida spürt man eine enge Verbindung zwischen Mensch und Natur. Die Thermalquellen werden genutzt, die Erde liefert fruchtbare Böden für Wein- und Gemüseanbau, und die Vulkanlandschaft zieht Touristen aus aller Welt an.
Die Bewohner wissen, dass sie auf einem der gefährlichsten Orte der Welt leben – und doch ist es ihre Heimat, mit all ihrer Schönheit und ihrem Risiko.
Zukunftsaussichten: Werden die Phlegräischen Felder ausbrechen?
Ob und wann der Supervulkan wieder ausbricht, kann niemand mit Sicherheit sagen. Die Forschung geht davon aus, dass sich derzeit viel Energie im Untergrund ansammelt, doch es gibt keine unmittelbaren Anzeichen für eine große Eruption.
Langfristig gesehen ist ein erneuter Ausbruch jedoch unvermeidlich – es ist nur eine Frage der Zeit. Der Schlüssel liegt in der Überwachung, Vorbereitung und Aufklärung der Bevölkerung.
Für die Wissenschaft sind die Phlegräischen Felder ein einzigartiges Labor, um die Dynamik von Supervulkanen zu verstehen. Für die Menschheit sind sie eine Mahnung, wie klein der Mensch gegenüber den Kräften der Natur bleibt.
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Fazit: Die Phlegräischen Felder – Schönheit und Gefahr zugleich
Die Phlegräischen Felder sind ein Ort der Extreme – atemberaubend schön und zugleich furchteinflößend gefährlich. Sie erinnern uns daran, dass die Erde ein lebendiger Planet ist, voller Energie und Wandel.
Ihre Geschichte reicht von mythologischen Erzählungen bis zu modernen wissenschaftlichen Studien, von antiken Tempeln bis zu hochmodernen Messstationen. Und obwohl niemand weiß, wann der Supervulkan wieder erwacht, steht eines fest: Die Phlegräischen Felder bleiben ein Symbol für die Macht der Natur – und für die Faszination, die sie auf uns Menschen ausübt.
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